Der Ex-Showhypnotiseur Wolfgang Künzel aka Alexander Cain ist zweifellos der bedeutendste Hypnotiseur aller Zeiten. Doch in praktisch allen Historiographien der Hypnose finden sich erstaunlicherweise nur so illustre Namen wie die von Franz Anton Mesmer, James Braid, Hippolyte Bernheim oder Milton H. Erickson usw. Bedauerlicherweise ist mir nur eine einzige löbliche Ausnahme bekannt, in der Künzel ins rechte Licht gesetzt wird: Und das ist eine Geschichte der Hypnose, die verfaßt wurde von – man glaubt es nicht – Wolfgang Künzel. :- )
Es ist nicht notwendig, Künzels Darstellung der Geschichte der Hypnose groß zu kommentieren. Praktisch alles, was er etwa zur Ericksonschen Hypnose oder zur Hypnoseforschung sagt, ist nachweislich falsch und ich habe es in früheren Artikeln bereits widerlegt. Daher sollen diese und andere fundamentale Schwächen hier nicht thematisiert werden.
Uns soll es hier um etwas anderes gehen. Betrachten wir also Künzels „Geschichte der Hypnose“, und es fallen schon optisch ziemlich schnell drei Dinge auf:
– Nur das Foto von Künzel ist farbig; alle anderen Aufnahmen sind schwarz-weiß. (Ausnahme ist ein Bildnis des Paracelsus, das es nun einmal leider Gottes wohl nur in Farbe gibt.) Diese Unterschiede in der Farbgebung sind wohl kaum ein Zufall, denn in einigen Fällen wären farbige Aufnahmen zweifellos verfügbar gewesen, etwa im Fall von M.H. Erickson.
Durch diese Unterschiede der Abbildung soll Künzel allein schon optisch nochmals ganz besonders hervorgehoben werden. Farbenfroh strahlt uns entgegen, während alle anderen um ihn herum verblassen.
– Wolfgang Künzel behandelt nicht nur Wolfgang Künzel als eine historische Größe der Hypnose, sondern räumt ihm textmäßig einen besonders großen Raum ein.
– Künzel hat auch den „letzten Platz“, was suggeriert, daß er, Künzel, die bisher neueste Entwicklung der Hypnose ist und sozusagen den „letzten Stand der Dinge“ darstellt.
Fassen wir also diese Auffälligkeiten zusammen: Künzel erscheint als einziger in Farbe, Künzel bekommt einen besonders langen Text, Künzel bekleidet die herausragende Stelle als „Neuester“ – diese optischen Komponenten sollen dem Leser das Folgende suggerieren: Künzel sticht unter allen Hypnotiseuren heraus und ist die bedeutendste Person der neueren Hypnose, wenn nicht der Hypnose überhaupt; und er ist der (vorläufige) „Höhepunkt“ der Geschichte der Hypnose.
Die formale graphischen Gestaltung der Seite korrespondiert dann auch wunderbar mit dem Inhalt von Künzels Text, denn dort heißt es sinngemäß ja auch:
Künzel ist ganz groß, Künzel ist ganz toll, Künzel ist ganz wunderbar. Daß es in Deutschland überhaupt Hypnose-Ausbildungen und eine Hypnosewissenschaft gibt, verdanken wir allein ihm, der innovativen Koryphäe Wolfgang Künzel, die unterdessen schon eifrig weiter forscht und dadurch die Hypnose vorantreibt. Er, Künzel, erklärt uns als einziger die Welt der Hypnose und räumt mit all den „Lügen“ auf, die uns geldgeile Abzocker und dumme Dilettanten auftischen.
Künzel hätte seine Darstellung nicht „die Geschichte der Hypnose“ nennen sollen, sondern besser „das Märchen der Hypnose, erzählt von Wolfgang Künzel“.
Übrigens noch etwas: Auf einem zweiten Bild ist auch Künzel in Schwarz-Weiß zu sehen, was aber dazu dienen soll, die, äh, „frappierende Ähnlichkeit“ zu James Braid zu unterstreichen, der die Ehre hat, neben Wolfgang Künzel abgebildet zu sein. Wir wissen ja bereits, daß Künzel eine Reinkarnation Braids ist; daher kommt Künzel strenggenommen auch gleich zweimal in seiner Geschichte der Hypnose vor. :- ))
Lieber Herr Künzel, ich möchte gar nicht abstreiten, daß Sie ein talentierter Hypnotiseur sein mögen, das kann ich nicht beurteilen. Und Sie mögen sogar als erster systematisch Nicht-Mediziner/Psychologen in Hypnose ausgebildet haben (wenn es so ist). Auch das ist ja in Ordnung. Aber was ihre Glorifizierung und Historisierung angeht, ein kleiner Tip von mir (durchaus ernst und nicht sarkastisch gemeint): Manchmal ist weniger mehr! Und wie immer gilt nicht nur für Sie, sondern auch für meine anderen geschätzten Leser:
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