15. Künzels Werbung mit der Angst

Die Werbestrategie des ehem. Showhypnotiseurs Wolfgang Künzel aka Alexander Cain fußt meines Erachtens auf drei zentralen Säulen: Erstens wird ein falsches Elite-Bewußtsein durch eine pauschale Diffamierung der gesamten Ericksonschen und klinischen Hypnose zu vermitteln versucht, wie wir schon wissen, siehe etwa HIER, HIER und HIER. Allerdings scheint das immer schlechter zu klappen, da viele Schüler des selbsternannten „Meisters“ eigenständig denken und sich eigenständig informieren.

Eine zweite Komponente von Künzels PR-Methodik ist offenbar die fragwürdige Werbung mit der vermeintlichen Allmacht des Hypnotiseurs – dazu bei Gelegenheit mehr.

Ein dritter ganz wichtiger Baustein besteht jedoch in der Angstmache, daß der Neuling, der kein Seminar (natürlich bei Künzel) besucht hat, mit Hypnose womöglich schweren Schaden anrichten wird.

Nun ist es allerdings so, daß Komplikationen im Zusammenhang mit Hypnose sehr selten sind und eventuelle Gefahren sich durch einige einfache Sicherheitsmaßnahmen effektiv minimieren lassen. Auch ich bin dafür, daß jemand, der hypnotisieren möchte, sich im Vorfeld ernsthaft mit dem Thema „Hypnose“ auseinandersetzt. Das mag durch die Lektüre mehrerer Bücher oder ein Seminar geschehen. (Auch in einem (Wochenend)-Seminar kann nur relativ kurz auf mögliche Probleme eingegangen werden; dieses Wissen läßt sich auch über gute Bücher erwerben. Den großen Vorteil des Seminars sehe ich im leichteren Zugang zur Praxis, indem Sicherheit und Erfahrungen vermittelt werden.)

Dies vorausgeschickt komme ich nun zu meiner Kritik. Künzel macht den Menschen massiv Angst mit seiner massiven Aufbauschung potentieller „Gefahren der Hypnose“. Immer wieder suggeriert er, daß Hypnose ohne Seminar verantwortungslos sei. Klar: Er will auch sein Geld verdienen.

Um die Notwendigkeit eines Seminars darzulegen, weist Künzel darauf hin, daß schließlich auch er zuerst seinen Führerschein gemacht habe, bevor er auf der Straße mit dem Auto gefahren sei. Das isrritiert. Warum sagt er nicht einfach, daß er selbst auch eine Hypnose-Ausbildung gemacht hat, bevor er mit dem Hypnotisieren begannt?

Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Künzel hat sich nach eigenen Angaben die Hypnose autodidaktisch selbst beigebracht, indem er erst Bücher gelesen und dann experimentiert hat. (Quelle: U.a. sein Buch „Schlaf! Klassische Hypnose“).  Er hat diese Tatsache meines Wissens auch nie bedauert: im Gegenteil scheint er in seinem Buch seinen Werdegang voll Stolz zu beschreiben; er kreidet also anderen an, was er selbst getan hat. (Siehe auch „Künzel und Braid„)

Es fällt leider allgemein auf, daß Künzel sich immer wieder Sonderrechte herausnimmt, daß er immer wieder mit zweierlei Maß mißt.

Doch zurück zum Thema: Daß sich ja auch niemand von einem Chirurgen ohne Ausbildung operieren ließe, ist ein typisches Argument, das Künzel immer wieder gerne für die Notwendigkeit eines Wochenend-Seminars (bei ihm) anführte.

Dazu ist zu sagen, daß das zwar richtig ist, daß sich allerdings auch niemand von jemandem operieren lassen würde, der nur ein Wochenend-Seminar in Medizin mitgemacht hat. Wie man leicht sieht, hinkt der Vergleich gewaltig, und der Schuß geht übel nach hinten los. (Solche metaphorischen Vergleiche, bei denen die Stimmigkeit fragwürdig bleibt, werden von Künzel übrigens gerne als Argumente gebraucht, bzw. ersetzen bei ihm oftmals wirkliche Argumente, etwa auch bei seiner Kritik der Ericksonschen Hypnose.)

Eine besondere Blamage haben sich Wolfgang Künzel und seine Gattin Margot Frauenberger jedoch beim Thema Blitzhypnose geleistet.

Künzel schreibt auf seiner Seite: „Ich weise darauf hin, dass die Anwendung jeglicher Blitzhypnose-Induktionen ohne Ausbildung EXTREM GEFÄHRLICH ist.“

Ich habe mich über dieses Thema mit einer Reihe von Kollegen ausgetauscht, darunter auch solchen, die besonders viel Erfahrung mit Blitzhypnose-Techniken haben. Sie alle haben nur den Kopf über Künzels Getue geschüttelt. Bestenfalls wurde gesagt, daß der Umgang mit dem Zustand der Hypnose nach der Blitzinduktion eventuell Probleme für den Anfänger darstellen könne, womit wir wieder beim allgemeinen Thema „Hypnose-Komplikationen“ wären (unabhängig von der Blitzinduktion, s.o.). Es gelten also dieselben Regeln wie auch sonst bei der Hypnose. Natürlich sollte zudem bei den sog. „Umfallinduktionen“, bei denen der Proband schnell hingelegt wird, niedriger Blutdruck berücksichtigt werden.

Dies gesagt halte auch ich Künzels Warnungen vor der Blitzhypnose für übertrieben bis hin zur Unseriosität.

Künzel allerdings warnt im verlinkten Text vor Störungen wie Panik, Herzrasen, oder davor, daß die Probanden nicht mehr aus der Hypnose erwachen. Daß solche Fälle „keineswegs Ausnahmen“ seien, behauptet er einfach frech und „untermauert“ seine Einlassung mit gleich drei Ausrufezeichen.

Anders gesagt: Blitzhypnosen enden vergleichsweise häufig im mittleren Desaster.

Aber warum bekommt man davon nichts mit, wenn Blitzhypnose wirklich so gefährlich ist? Auch hier weiß Künzel Rat, bzw. hat er wieder einmal die Antwort: Die Videos im Internet zeigen in der Regel nur die erfolgreichen Versuche. Welcher Hypnotiseur zeigt sich schon gerne in Verbindung mit einer schief gelaufenen Hypnoseinduktion?“

Gewiß, Herr Künzel. Natürlich funktioniert nicht immer jede Blitzinduktion. Aber wenn sie schiefgeht, bedeutet das meistens einfach nur, daß sie nicht wirkt, was keineswegs bedeutet, daß es dem Probanden deshalb schlecht ginge. Ihre Sätze legen in diesem Zusammenhang jedoch genau dies nahe. Wenn auf den zahlreichen Internet-Videos zur Blitzhypnose also keine gesundheitlichen Probleme zu sehen sind, so liegt das  – so entsteht der Eindruck – allein daran, daß diese Videos ganz einfach nicht gezeigt werden. Künzel entblödet sich offenbar nicht, diesen absurden Eindruck bei seinen Lesern zu erwecken!

Nun bietet Künzel jedoch auf seiner Seite selbst einige Informationen über die ach so gefährliche Blitzindukionen. Warum tut er das angesichts der von ihm schamlos übertriebenen Risiken?

Diese Frage stellt auch Künzel, und wieder gibt er uns auch gleich die Antwort mit:

„Diese Informationen sind auch ohne diese Seite im Internet zugänglich. Wenn Sie über diese Homepage zu den Informationen gelangen, haben Sie jedoch von Gefahren etwas gehört oder gelesen. Das haben Sie bei anderen Anbietern in der Regel nicht. Allein das rechtfertigt diese Seite. Wenn Sie sich nun zusätzlich entscheiden, die Gefahren ernst zu nehmen und wie beim Auto fahren zunächst den „Führerschein“ zu machen, kann fast nichts mehr schief gehen, denn RICHTIG ANGEWENDET IST HYPNOSE UNGEFÄHRLICH und … HYPNOSE IST VERTRAUENSSACHE !“

Schlau von Künzel. Daß jeder sich leicht selbst zum Thema informieren kann, und es deshalb sinnlos wäre, auf Geheimhaltung zu setzen, ist auch ihm klar. Also geht der selbsternannte Meister in die Offensive. Ihm bleibt nichts anderes, als – wieder einmal – die „Gefahren der Hypnose“ gewaltig aufzubauschen und den Menschen massiv Angst einzujagen. Und dies verbindet er dann natürlich mit Eigenwerbung: Die so gefährliche Blitzhypnose wird sicher, wenn man sie bei ihm lernt. Die Konkurrenz kriegt dann gleich auch noch ihr Fett weg (siehe verlinkte Seite).

Hätte Künzel einfach darauf hingewiesen, daß man sich vor der Anwendung der Blitzinduktion, wie auch anderer Einleitungs-Techniken, ernsthaft mit den Grundlagen der Hypnose beschäftigen sollte – ich würde nichts sagen. Was Künzel hier jedoch abzieht, ist meines Erachtens eine unverantwortliche Panikmache auf Kosten der Hypnose zu Zwecken der Kunden-Aquise.

Künzel warnt also einerseits vor den „Gefahren der Hypnose“ ohne Seminar – andererseits muß er natürlich die Position halten, daß Hypnose mit Seminar (bei ihm) ungefährlich sei. Das beherbergt eine amüsante Note, denn nicht wenige Ärzte und Psychologen würden sagen, daß eine gründliche psychopathologische Ausbildung für die sichere Handhabung von Hypnose vonnöten ist (auch wenn das m.E. definitiv nicht haltbar ist, was bereits dadurch bewiesen wird, daß etwa die zahnärztliche Hypnose allgemein al sicher gilt). In diesem Zusammenhang springt jedoch die unfreiwillige Komik von Künzels und Frauenbergers Angstmache vor der Hypnose ganz besonders ins Auge, nämlich wenn Frauenberger etwa davor warnt,  daß Blitzhypnose eine verdeckte  Psychose auslösen könne.

Wäre dem tatsächlich so, dann würde ein Wochenend-Seminar niemals ausreichen, um sicheres Hypnotisieren zu ermöglichen, nicht einmal eines bei Künzel, der sich laut Medienberichten für Deutschlands besten Hypnotiseur hält. Denn ohne gründliche psychiatrische Schulung läßt sich eine latente Psychose bzw. eine Prodromalphase beim Hypnotisanden keineswegs sicher erkennen und ausschließen. (Ich persönlich halte es übrigens für mehr als zweifelhaft, daß Hypnose psychiatrische Erkrankungen auslöst; entsprechend der Studienlage scheint Hypnose keinen negativen, womöglich jedoch sogar einen positiven Effekt auf die psychische Gesundheit zu haben.)

Künzel und co. müssen also gleich an zwei Fronten kämpfen und dabei einen recht  putzigen Spagat vollziehen: Auf der einen Seite müssen sie denjenigen, die kein Seminar (bei ihnen) mitgemacht haben, Angst einjagen und ihnen vorhalten, wie gefährlich und verantwortungslos sie doch handelten, auf der anderen Seite müssen sie sich gegen den Vorwurf wehren, daß ein Wochenend-Seminar nicht für sicheres Hypnotisieren reicht. Das ist ein Balanceakt auf einem sehr dünnen Seil, der natürlich nicht gutgehen kann und einige unfreiwillige Komik mit sich bringt.

Nein, ich kenne keinen Ausbilder, der so skrupellos Ängste weckt um seine Seminare zu verkaufen, wie Wolfgang Künzel.

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